Michael Heltau oder „prima la musica"
Heltau und Musik, das war keineswegs eine überraschende Wendung innerhalb einer klassischen Schauspielerlaufbahn. In Wahrheit stand die Musik am Beginn. Sie war entscheidend für die Wahl des Wahlwieners, sich ausgerechnet diese Stadt für die Ausbildung und später für die Ausübung seines Berufes auszusuchen. Als junger Schauspieler, bereits im Engagement (im Theater in der Josefstadt in Wien), nahm er Gesangsunterricht bei der renommierten Lehrerin Elisabeth Radò. Heltau ist ein musikalischer Schauspieler, man braucht sich nur seine Behandlung der lyrischen Literatur von Goethe bis Rilke, von Benn bis Brecht anzuhören. Er ist einer, der Bescheid weiß um Rhythmus und Melodie, um die Wichtigkeit einer Pause, um Diminuendo und Accelerando, um Piano und Rubato. Er hat Operette gespielt (im Raimundtheater, an der Seite von Marika Rökk) und Musicals, hat Nestroycouplets und Brechtsongs ihrem Stil gemäß präsentiert. Da war der Schritt zum musikalischen Entertainment irgendwann einfach zwingend. Dieses Metier der kleinen musikalischen Form, des Chansons, des Wienerlieds, des Songs - er nennt es „Welttheater in drei Minuten" - behandelt er mit größter Seriosität und Achtung: „Ich möchte nicht etwas singen, was ich nicht sagen kann. So oft wird die Musik als Vehikel für Schwachsinn benützt!" Freilich: da kommt dem Chansonnier eine lebenslange Beschäftigung mit Literatur zugute, und er setzt seinen ganzen Ehrgeiz darein, den Wechsel vom gesprochenen zum gesungenen Wort „schwellenlos" werden zu lassen. Natürlich hat es singende Schauspieler immer wieder gegeben und Michael Heltau nennt viele Namen dieser imaginären Ahnenreihe voller Respekt. Er knüpft an diese Tradition an, und er erfindet dennoch seinen ganz und gar eigenen Stil. Als Heltau 1981 am Burgtheater den Mozart in Peter Shaffers „Amadeus" spielte, war für die Arrangements der Bühnenmusik der kostbare Alexander Steinbrecher verantwortlich. Der fragte ihn einmal ganz unvermittelt: „Würden Sie sich freuen, wenn ich was für Sie schreiben würde?" „Freuen? Professor, das wär' doch eine Riesenehre für mich!" „Ist gut, einen Titel hab ich schon: Orpheus aus Wien."Eines der ersten Soloprogramme Michael Heltaus hieß „Statt zu singen"; da stellte er Liedtexte der verschiedensten Genres und Epochen vor. Den Epilog borgte er sich damals bei Shakespeare:
Der Mensch, der nicht Musik hat in ihm selbst,
Den nicht die Eintracht süßer Töne rührt,
Taugt zu Verrat, zu Räuberei, zu Bosheit,
Die Trägheit seines Herzens ist wie Nacht,
Sein Trachten düster wie die Unterwelt.
Trau keinem solchen! Horch auf die Musik!
Den nicht die Eintracht süßer Töne rührt,
Taugt zu Verrat, zu Räuberei, zu Bosheit,
Die Trägheit seines Herzens ist wie Nacht,
Sein Trachten düster wie die Unterwelt.
Trau keinem solchen! Horch auf die Musik!